Campusfest, die Nächste
So heiß wie die Nacht zuvor sollte es auch heute hergehen. Dennoch war einiges anders, zerstörter…? Ob es am herumliegenden Flyer- und Bechermüll lag – hier muss ich hinzufügen, dass am Morgen emsig aufgeräumt wurde, es handelte sich demnach um frischen Müll offenbar nachlässig gewordener Gäste – oder am Zustand der Gäste selbst?
Meinem Eindruck nach war etwas weniger los als am Vortag, oder konzentrierte sich die Masse, die sich gestern noch überall gleichmäßig gestaut hatte, auf wesentliche Zentren. So war der Richard-Wagner-Hain, der Spaß- und Chill-, Tänzel- und Wohlfühlhang höchst beliebt. Die Musik kleckerte vor sich hin. Feierabendtänzeln unter Freunden. Mir persönlich zu viele Freunde, also ein Häuschen weiter.
Wieder durch den belichteten Kellergang zum Lichthof. Hier stapelten sich die Leute um Dubstep, Reggae und Drum’n’Bass zu frönen. Immernoch zu wenig Bewegungsfreiheit für mich.
In der Grubehalle endlich genug Freiraum, in jeder Dimension. Gerade sind Supershirt auf der Bühne und spielen ihr verspult, trashiges Programm runter. Elektro-Pop, irgendwie alles schonmal gehört, aber dennoch leidenschaftlich dargeboten. Hände-im-Takt-hoch-Musik, der die Massen bewegt. Ich freu mich, dass die beiden so viel Spaß haben, nehme aber keine neue musikalische Erkenntnis mit aus dieser Erfahrung.
Interessanter war da zeitgleich schon die Hauptbühne. The Hidden Cameras fahren bis jetzt hier ungenutzte Instrumente auf: Cello und Violine, beide mit Leidenschaft und großem Bewegungsdrang gespielt. Als wären sie eins mit ihrem Spieler, eine mitreißende Leichtigkeit schwingt zum Publikum herüber. Dieses ist allerdings gespalten. Von „macht Feierabend“ bis zum weggeträumten Tanzen ist alles dabei. Klar, die Musik im Countrystil ist sicher nicht jedermanns Sache. Mir gefällt aber die Darbietung sehr. Ich bin regelrecht gefesselt davon, wie diese Musiker in ihrer Musik aufgehen, aufleben, die Musik selber sind.
Zur Zugabe lassen engagierte Mädels Skyballoons in die Luft. Genauer gesagt versuchen sie es verzweifelt. Hier will nichts zünden und schon gar nicht in die veranschlagte Richtung schweben. Einen Ballon seh ich dann aber doch in Richtung Wimpelkette starten. Er wickelt sich unter den staunend erfürchtigen Augen der Zusehenden darum und findet schließlich seinen Weg in die Höhe. Puuuh! Das war knapp!
Aus der Pausenhalle drücken elektronische Beats und locken mich hinein. Preller und Peter Meier, bekannt aus der Distillery, lassen’s hier mächtig schrauben. Der gleichmäßige Beat unterbrochen durch Soulgesang und sich aufschaukelndem Gezwitscher. Sehr zeitgemäßge elektronische Musik im gemäßigten Tempo zum Schwebetanz. Mehr ist leider auch klimatisch nicht drin. Mich erinnert die Musik an eine Sonnenaufgangssandtanzveranstaltung, nur fehlen Sonne und frische Luft. Schon gestern hatte mich die Musik hier nicht so gefesselt. Es plätschert einfach daher, zum Austanzen recht nett, aber nicht zum Feiern.
Mein musikalischer Höhepunkt dagegen sollte nun endlich gekommen sein. Lange habe ich ausgeharrt, nun habe ich sie mir aber verdient: Jahcoozi! Im talarähnlichen Gospelgewand betritt die exzentrische Sängerin mit Trompete bewaffnet die Bühne und drückt eine bluenotesbehaftete Tonreihe aus dem Gerät – beeindruckend! Und schon ist auch ihr dreadgelockter Kollege am Gerät und drückt den Beat dazu rein – nun gibt es kein Halten mehr! Als dann noch ihre eindringliche Stimme erklingt, ist es endgültig vorbei und die beiden haben das leider noch spärliche, dafür aber qualitätsbewusste Publikum im Griff! Was für eine Messe – optisch wie akustisch!
Dubstep vom Feinsten, teilweise extrem niedriggeschwindig, regiert die Bewegungen unserer Körper. Auf der Bühne eine laszive Show mit Gymnastikeinlagen. Die langbeinige Schönheit nutzt ihre Zeit effektiv, bietet was für Auge und Ohr und ist sich dessen mehr als bewusst.
Die Halle füllt sich, die Tanzbewegungen werden exzessiver, die Musik verfrickelter. Mein Herz lacht, mein Körper gibt sich einfach nur noch hin. Leider gibt’s natürlich auch kritische Blicke gen Bühne und dem, was da abgezogen wird. Die nackten Beine interessieren einige Zuschauer scheinbar mehr als die Musik. Hinzukommt die alkoholbedingte Prolligkeit einiger Durchreisender. Mir hilft nur Augen zu und wieder abtauchen! Die Reise ist schneller vorbei als uns allen lieb ist, die Zeit verfliegt und wir fliegen mit.
Mittlerweile ist es zwei und Jahcoozi haben sich nach einer ausgedehnten Zugabe den Feierabend verdient. Dasselbe gilt für mich. Kurz abmatten und schon schwebe ich wieder übers Festivalgelände gen Arbeit – einige feiern immernoch, andere werden zum Sonnenaufgang liebevoll geweckt.
Insgesamt eine gelungene, musikalisch sehr abwechslungsreiche Veranstaltung, die der StudentInnenRat da zum wiederholten Male auf die Beine gestellt hat! An allen Orten wurde durch verschiedene Flyer, Plakate und Visualisierungen auf die Problematiken der Politik und Studentschaft aufmerksam gemacht. Das alles hübsch verpackt in einer musikalischen und verspielten Wundertüte – weiter so!
unbekannter Vorgelesenbekommer schrieb:
Mensch, da haste ja wieder was rausgebrochen – gefällt!
Samstag, 12. Juni 2010 | 00:31