Eine Nacht im Kinky Club Cottbus
Zum Jahresbeginn verschlägt es uns immer nach Cottbus. Und welches Wochenende war da naheliegender, als das vorherige, um dem Faschingstrubel zu entkommen? Der neue Kinky Club im Cottbuser Zentrum stand auf dem Programm und konnte nach verzweifeltem Kampf mit dem Navigationssystem auch betreten werden. In Cottbus ticken die Uhren anders. Was bedeutete, dass wir uns zu unserer Ankunft gegen Mitternacht, die Räumlichkeiten mit vielleicht noch 20 anderen teilten.
Eine gute Möglichkeit, die Hütte genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Location – eine ehemalige Bowlingbahn – teilt sich in zwei Tanzflächen. Nach der Garderobe gelangt man auf den ersten Floor, einen Raum weiter nach einem Gang und Knick die zweite, etwas kleinere Tanzfläche. Rote von Dia-Projektoren angestrahlte Stoffe säumen die Wände und sorgen zusammen mit verteilten Spots sowie Kerzen für ein samtiges Grundlicht. Auf dem kleineren Dancefloor läuft im Hintergrund des DJs noch eine schicke Videoanimation. Visuell passt es ja schonmal.
Auch die Bars sind ausreichend, schnell, die Preise angenehm und, dass hinter dem Tresen eine Schönheit nach der anderen ihren Platz findet, gehört in Cottbus ja beinahe schon zum guten Ton. Auch die Toiletten sind dank Toilettendame (die sich über 20 Cent freut) sauber, eine Grundlage für gute Partys ist somit geschaffen.
Mittlweile ist es kurz vor eins. Die Locations füllt sich immer mehr, was man vorher immer nie so erwartet. Interessant die Gäste: Denn zu einem Großteil versammelte sich hier doch eher das ältere Publikum ab Mitte zwanzig und aufwärts. Keine „Küken-Mädchen“, bei denen man Gefahr läuft, schon mit einem Bein im Gefängnis zu stehen, wenn man sie überhaupt nur anspricht. Ich empfand das als sehr angenehm. Grund hierfür lag vielleicht an dem Werbekonzept des Clubs, dass an den NastyLoveClub erinnert. Viel nackte Haut, Bondage und Sex, was dann andeutungsweise durch diverse „Einlagen“ der Tänzer auch während der Veranstaltung gezeigt wurde, ohne das Niveau zu verlieren. Dies schreckte sicherlich viele Jüngere im Vorfeld ab. Sie haben sich schlicht und einfach nicht getraut.
So mischte sich ein interessantes Publikum mit wirklich wirklich sehr schönen Vertretern des weiblichen Geschlechts. Und das ohne Einheits-Frisurkatastrophen und mit endlich mal korrektem Modebewusstsein. Unsitte aber auch hier: Mehrere Web-Portal-Menschen-Fotografen. Aber beileibe nicht so lästig, wie es in unserer Gegend normalerweise der Fall ist. Es hielt sich in Grenzen.
Doch jetzt zum Wichtigsten; der Musik. Und was soll man sagen, es hat den Anschein, als macht die ehemalige Schallwerk-Crew wieder alles richtig. Auf große Headliner wurde verzichtet und ein solides LineUp aus brandenburgischen Vinylisten gebastelt. Während auf dem großen Floor Housemusik lief, sollte es auf dem zweiten eher Electrohouse sein. Aber der Reihe nach.
Zu Beginn spielte ein Herr, der sich weit vom üblichen Housesound aufhält. Wer mich kennt, weiß, dass ich diesen Sound schätze, ihn sehr mag und auch selbst ausschließlich spiele. Gemeint ist funky DeepHouse aus der US- und UK-Ecke, den Ken Doop solide und anstandslos mixte. <strike>Wer der gute Mann war, war nicht herauszubekommen, aber wer es weiß, möge sich melden, denn eine namentliche Erwähnung sollte das Mindeste sein.</strike> Nach ihm dann Groovious. Der Schnitt war unverkennbar, es wurde discoider, auch wenn zeitweilen etwas „rezeptlos“. Doch der Cotbuser Vorzeige-DJ schaffte es trotzdem immer wieder mit einem Teil, die Leute auf die Tanzfläche zu locken und zu halten. Gegen 3 Uhr Disco Driver. Bei ihm hatte ich Bedenken, denn eine Mix-CD von ihm hatte ich bereits vor geraumer Zeit in den Fingern. Eine Disconummer und ein Househit nach dem anderen. Aber nichts war. Er setzte auf digitales Turntableism und hatte gute Reißer jenseits von Hits am Start. Überraschend gut.
Der zweite Floor hielt die zackigeren Rhythmen bereit. Von Electrohouse war nicht sonderlich viel zu hören, auch wenn die Tanzenden bei hin und wieder aufkommenden kurzen Gesäge nach mehr quietschten. Hauptthema blieb der Techhouse. Gut, fett und knackig, sodass Stillstehen ein schweres Vorhaben bleiben sollte. Der Sound war einfach satt, knackig und zur unserer Überraschung übernahm gegen drei Ken Doop, welcher ja auch im Housefloor den Anfang machte. Seine Vinylquellen kann man sich denken und so wurde der Sound noch eine Spur funktionaler. Vielseitig der Mann. Sauber!
Das vorherige Wochenende gab uns wieder einen triftigen Grund, der Partyszene nicht den Rücken zu kehren. Sehr gute DJs mit wirklich schöner Musikauswahl und einem idealen Drumherum, machten wieder Lust auf mehr. Ein Housefloor, der sich wirklich so nennen darf. Ein Techhouse-Floor, der von Electrogesäge und Minimal gehörigen Abstand nahm. DJs, die ihr Handwerk verstehen und nicht dem üblichen Stream folgen. Und und und. Kann man nur hoffen, dass das mal auf unsere Region abfärbt.
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