House of Summer – … mit viel Schall und Staub
22.07.2006. Open Air – Wetter in Idealvoraussetzung. Ein Gelände auf welchem quasi Musik gestapelt werden kann. Auch die relativ humanen Eintrittspreise waren sicherlich ein Grund, warum das Areal im Freibad Hagenwerder zur House of Summer wieder richtig voll wurde. Schon am Nachmittag fand ein Fußball- und Halmaturnier statt, baden konnte man sowieso. So reisten viele schon Open Air-typisch viel eher an, um auch schon vor dem bunten Treiben die Möglichkeiten des Freibades voll auszuschöpfen und auch Zelte wurden errichtet. Sechs Musikecken gab es dann am Abend, und somit eine Menge an Abwechslung. Davon waren 4 mehr oder weniger als Tanzfloors konzipiert.
Auf der, ein „bisschen“ schräg liegenden Mainstage konnte mehr oder weniger Konzertstimmung aufkommen, aber wir Sachsen sind es eher gewohnt auf Flächen und nicht auf Abgründen zu tanzen. So war es eher eine Hangfeierei mit guter Übersicht auf die Bühne. Karotte bestätigte sich hier als guter Griff beim Booking. Sein Set stabil geil, und die elektronische Euphorie fördernd. Grooviger Beat, mit einem Genug an Abwechslung und Bühnenshow. Geheimfavorit Electrostatic rockten zum Sonnenaufgang auch in gewohnter Manier. Kräftiger Elektrorock, dem an dem Abend vielleicht noch ein Mü an Revolution fehlte, aber trotzdem viele in seinen Bann ziehen konnte.
Im House war es der Herr Kafka, der auf den Plakaten und Flyern ganz groß stand. Leider ließ er aber seine Pingpongkollegin Jullieta am Anfang alleine da stehen. Gewollter Plan, oder eventuell ein zu langer Toilettengang, man weiß es nicht. Zumindest hat sie es sehr gut ohne ihn hinbekommen. Später gesellte er sich jedoch dazu und man generierte zusammen derbe Sounds und man konnte auch hier seinem Goliathstatus gerecht werden, obwohl die Platten unter den weiblicher Händen einen Tick frischer und passender waren.
From Dusk till Black Vel fanden sich in einem bunten Mix wieder. Von Punk bis zu House war wohl alles dabei. Ein bisschen anstrengend waren die teilweise überlangen Breaks und unerwarteten Stylewechsel.
Anstrengend war auch der erbarmungslose Staub, der durch die Dürre und dauerhaft beackernden Tanzfüßen immer mehr den Nebler ersetzte, vor allem im Technozelt, da dieses fast geschlossen war. Es ist schon Wahnsinn, wenn man sieht, wie auch die guten alten Technics nach jeder Platte wieder freigeschaufelt werden mussten, aber trotzdem wie ein Uhrwerk weiter liefen, schon krass! Im Technozelt zumindest machte Paradoxon und sein Kollege Aem.Aze einen guten Start an den Tellern. Jedoch fand danach keine weitere Steigerung statt. Die Tschechen Daho&Ginger legten zwar Neues, aber nichts Frisches. Industrielles Einerlei mit wenig Schwung in ein neues Jahrzehnt, denn diesen Style hatten beide schon vor einigen Jahren in kaum veränderter Form. „NDK war geil“ berichtete mir sein Rawtunes-Kollege Sepvoid. Selber war man zum besagten Dj nicht anwesend, aber der Wahrheitsgehalt ist bei der kompetenten Aussagekraft des Dresdner Djs hoch einzuschätzen.
Sepvoid selber war ok, und konnte durch schräge Platten viel rausreißen. Jeder gesundheitsbewusste Mensch hat jedoch nach max. 10 Min das Zelt wieder verlassen, um seine Lunge auf dem Stand der lebenserhaltenden Funktionen zu erhalten. Bis zum Mittag ging es hier jedoch gnadenlos weiter. Es ist immer wieder eine Logik des Techno, dass er der durchhaltendste Style ist, egal ob in- oder outdoor. Hierbei meine ich, dass aus was für Gründen auch immer die Leute sich dann ab einer gewissen Uhrzeit auf einer konstanten Zahl im Floor bewegen, das verhält sich so wie mathematische Grenzwertberechnung. Hier war das Ergebnis der Feierschweine 15. Woher nehmen diese Menschen nur diese Energy?
Absolutes Plus auf der House of Summer 2006 war die Breakarena. DrumNBass und Breaks jeglicher Art wurden hemmungslos serviert. Am herausragendsten waren hier die von 00:30 bis fast 6:00 agierenden Point Squad Playaz. DrumNBass in die Fresse mit mehreren MCs, welche sich abwechselten oder gemeinsam produzierten. Aggressiver Sound und sichtlich viel Spaß auf der Bühne waren ausschlaggebend für den Erfolg des Floors. Hier war die Staubbelastung wesentlich geringer wie im Techno, weil man glücklicherweise eine Seite des Zirkuszeltes aufmachen konnte und so immer wieder der Staub abziehen konnte.
Die Lounge, welche in einem aufgeblasenem Zelt eines etablierten Partygetränkeherstellers, welcher auf jedem größerem Open Air seine Marketingstrategie anwendet, war Erholungs- und Ausschnauf-Ort Nr. 1. und Spielwiese für musikalische Geschmäcker der verschiedenen Djs. So fiel besonders das Set von Intelligence in Minds auf. Krasser Sound mit Klicks, psychedelischen Vocals und anderen unbekannten Zutaten, die wohl immer ein Geheimnis bleiben werden – tolles Ding. Auch hier wurde bis zum Mittag beschallt.
An dekorativen Feinheiten war nicht zu viel zu sehen, jedoch waren die Kerzen auf dem See schick. Für ein Lichtermeer auf dem ganzen Areal sorgten verteilte bunte Strahler.
So war das Erlebnis Hagenwerder 2006 wieder ein absolutes Musserlebnis für jeden Freund der elektronischen Musik in Ostsachsen. Einen Lob hat die Kassenorganisation verdient, denn Schlangen am Eingang gab es nicht. Der Staub ist eine natürliche Erscheinung bei Open Airs, welche ja bekanntermaßen im Sommer stattfinden. Sommer sind wiederum des Öfteren mal von Trockenperioden betroffen, … und den Rest, den kennen wir ja.
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