Interview: DJ Eltron (Fettton Berlin)
Wir sehen uns mal ein wenig in der hiesigen Künstlerlandschaft um und verfolgen gerne deren Verknüpfungen in weitere Gefilde. Da stoßen wir oft auf ostsächsische DJs und Produzenten, die in unscheinbarer Ecke Erfolge feiern, sich ein breites Netzwerk ausgebaut haben und mit ihrem eigenen Stil fernab vom Beliebigen missionarisch durch die Clubs ziehen. Genau diesen lauern wir auf und verhören sie in einem Interview.
Anfang macht DJ Eltron. Der in Großröhrsdorf bei Kamenz geborene Jan Haufe hat nach den ersten Gehversuchen in der elektronischen Musik schnell Fuß gefasst. In den Jahren seines Wirkens kann der 31-jährige auf viele Projekte, Veranstaltungen und Produktionen zurückblicken.
Hallo Jan. Wie immer wenn man Dich trifft, siehst Du irgendwie müde aus.
Ich betreibe die Musik ja jetzt Vollzeit, da führt man doch ein eher unregelmäßiges Leben. Nachts oft unterwegs, tagsüber Studio und Organisation, dazu kommt noch das Booking für Fettton/Rundlauf und Themen wie Promotion und Kontakte pflegen.
Lass mich raten, MySpace?
Klar, auch virtuell aber in erster Linie „real“.
Gut. Viele kennen Dich vielleicht doch noch nicht. 1994 hast Du mit dem DJing begonnen?
In der Kamenzer Feuerwache. Da fing alles an. DJ NoName hat mich damals in seine Obhut genommen und mir dort die ersten Auftrittsmöglichkeiten gegeben. Später wurde ich dann Resident und Mitbetreiber der legendären Feuerwache.
Mitbetreiber? War es zu der Zeit anders, Party zu machen, als heute?
Nicht wirklich, glaube ich. Man musste sich schon immer reinhängen und Qualität und gute Promotion etablieren.
Warst ja dann auch gut unterwegs.
Oft Dresden und Ostsachsen, Südbrandenburg später dann auch Berlin.
Und dort war es so schön, dass Du gleich dachtest, da will ich hin?
Naja so ungefähr. Das dortige Clubleben faszinierte mich schon und mein damaliger Job war sowieso nur in Berlin möglich. Nur logisch, dass ich dann im Jahr 2000 in die Hauptstadt zog.
Dort ging es dann weiter Schlag auf Schlag.
Ich lernte kurz darauf die Fettton-Crew kennen. Es war wie eine unsichtbare Verbindung. Wir verstanden uns sofort und organisierten die ersten gemeinsamen Partys und in Kooperation mit Dresdner Künstlern die „Brainkick-Tour“ durch ganz Deutschland. Erst als lose Künstlerbrigade mal hier und da auflegend kam dann schnell der Agentur- und Label-Gedanke ins Spiel. So gründeten wir 2003 Rundlauf-Musik und starteten die regelmäßigen Rundlauf-Labelabende im Club „Rosis“.
In denen ja oft Lausitzer Künstler Platz finden.
Ja, das finde ich schon wichtig. Viele Leute, die man aus der Heimat von früher kennt, bieten wir gern ein Podium, um ihren Sound zu spielen oder ihre Visuals zu präsentieren.
Und wer da zum Beispiel?
Ich zähle mal alle auf. Bitch Brothers, Mycee, Zoltan, K_Chico, Gif*TV, Shiftpitcher, Invertierpark, Reydan, Jazzman, Noname+Deetek, Ronald Christoph, Pfadfinder, Michael von Boon, Michael Hoffmann, Pepe le Moko, Alian Parker, Dusk.
Funktionieren die guten Verbindungen auch in die umgekehrte Richtung?
Natürlich. Fettton-Künstler sind regelmäßig in der Lausitz vertreten und wenn ich mal wieder in der Heimat bin, ist das Beathouse in Bautzen meine erste Anlaufstelle.
Kann das Beathouse denn mithalten? Ich meine, Bautzen ist Provinz. In Berlin ist die Soundauswahl doch sicher größer?
Frank (Betreiber Beathouse Bautzen – Anm. d. Red.) weiß einfach, welchen speziellen Musikgeschmack ich habe und außerdem trifft man dort immer altbekannte Gesichter.
Hat das Internet bei Dir also nicht den Oldschool-Plattenkauf verdrängt?
Vielleicht bin da wirklich altmodisch aber ich muss gestehen, dass ich mir bis jetzt noch keine einzige Platte online bestellt habe. Die Plattenladen-Atmosphäre und das „im Regal stöbern“ ist mir schon wichtig.
Lange hat’s nicht gedauert und Fettton mutierte zum Label. Welche Veröffentlichungen stehen demnächst an?
Aktuell steht meine „Track EP“ in den Plattenläden, deren A-Seite auch demnächst auf Electric Indigos Mix-CD zu hören ist. Davor gab’s eine EP von Dubnoodles und zwei Verious Artist-Platten. Für die Zukunft: Einfach mal auf unsere Web-Seite schauen: www…
Halt, halt, halt. Wir sind hier nicht im Fernsehen. Du bekommst doch Deinen Link am Ende des Interviews.
Dann aber auch die MySpace-Adresse?
Natürlich. Aber zurück zum Thema. Auf Festplatten hast Du ja mittlerweile auch ein Release vorzuweisen?
Auf der Rundlauf-Party mit den Gebrüder Teichmann hatte ich „zufällig“ meine neuesten Tracks dabei, die die Jungs sofort gut fanden. So kam Mitte 2006 meine „Wirefall EP“ als Festplatten Nr. 32 heraus.
Dieses Jahr gibt es Nachschub in Form der „Itsmy Muse EP“, die noch diesen Sommer erscheinen wird.
Wie kann man sich das vorstellen. Produzierst Du richtig im Studio oder am heimischen Rechner?
Wir haben bei Fettton ein eigenes Studio mit komplettem Maschinenpark und Jan Weber (Dubnoodles) als Sound-Ingenieur. Ergänzend dazu habe ich aber auch am heimischen Rechner gearbeitet. Das spart einfach wertvolle Studiozeit, da wir dort ja mehrere Musik-Projekte betreuen.
Dein Sound war anfangs ja eher doch in die minimalere Schublade zu stecken. Deine aktuelleren Sachen sind jetzt plötzlich dynamischer und haben sehr viele Detroit-Elemente, wie zum Beispiel die wild shakenden offenen Hats. Ist dieser Soundwandel Zufall oder Berechnung?
Okay, nach etwa dreizehn Jahren DJing ist das Produzieren bei mir noch eher jung. So entwickelt sich einfach mein Sound mit jeder Veröffentlichung weiter. Es verschmelzen Oldschool-Einflüsse mit modernem Sounddesign und einer Schippe Dreck. (lacht)
Dreck? Also magst Du auch diese alte Analogtechnik?
Das war so ein Zitat aus der Presse zu meiner „Wirefall EP“, welches ich sehr witzig und irgendwie passend fand. Nichts desto trotz: Analog ist immer gut!
Du warst kürzlich in Moskau spielen. Vor einiger Zeit auch in Singapur, San Francisco oder Rotterdam. Wie kommt man an solche Gigs?
Da habe ich einfach bei der DJ-Lotterie mitgemacht und gewonnen.
Na herzlichen Glückwunsch. Hahaha. Ein guter DJ verrät seine Connections wohl nicht? Jetzt mal ehrlich.
Also wenn du’s genau wissen willst: ich bin gebucht worden.
Räusper, Räusper
Okay, dann noch genauer: Singapore oder San Francisco ist über „Connections“ entstanden. Die anderen Sachen dann schon eher aufgrund meiner Releases über meine Bookingagentur „Interactbooking“.
Bei solchen Kontinentalreisen wäre doch digitale DJ-Technik auch praktisch. Stehen Final Scratch oder Serato schon auf der Einkaufsliste?
Definitiv nein. Ich stehe nach wie vor auf das gute alte Vinyl. Bei meinem Moskau-Gig war ich gezwungen, mit CDs aufzulegen, da es keine Plattenspieler gab. Da lernte ich das direkte Handling beim Plattenauflegen noch einmal so richtig zu schätzen und dabei werde ich auch auf absehbare Zeit bleiben.
Rundlauf-Releases sind ja auch als MP3 erhältlich.Zielt Ihr da eher auf solche Digi-DJs oder auf den Home-User?
Mit MP3s hat sich Rundlauf schon relativ früh beschäftigt, weil unser damaliger Mitstreiter ein eigenes MP3-Downloadportal namens www.YOOSIC.de aufgebaut hat und immer noch erfolgreich betreibt. Als Zielgruppe sehen wir gleichermaßen den Home-User wie auch den DJ, welcher digital auflegt. Da ist soundmäßig für jeden etwas dabei.
Schonmal mit dem Gedanken gespielt, Deine Sounds live zu performen?
Im Moment ist ein Eltron-Liveact aus zeitlichen Gründen erst einmal nicht geplant. Aber da ich auch vermehrt darauf angesprochen werde, spiele ich mittelfristig schon mit diesem Gedanken.
Na dann ist ja in Zukunft wieder einiges von Dir zu erwarten. ae-pool bedankt sich für das Interview und viel Erfolg.
Danke Daniel für das nette Gespräch, bis bald!
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