Tobias Rapp «Lost and Sound»
Berlin, Techno und der Easyjetset. Der Untertitel des knapp 270 Seiten starken Taschenbuches bringt es eigentlich schon auf den Punkt. Die Rolle des wachsenden Berlins in Bezug auf die elektronische Musikkultur wäre eine ebenso passende Beschreibung. Jetzt habe ich mir das bereits im Januar erschienene Buch mal zu Gemüte geführt und kann schon im Voraus sagen, dass sich diese Lektüre lohnt.
Tobias Rapp reiht die einzelnen Kapitel seines Buches in einer Art Zeitleiste auf, die das Berliner Nachtleben nicht nur objektiv von außen betrachtet, sondern auch subjektiv vom Inneren heraus zeigt. Das macht «Lost and Sound» von Beginn an sympathisch. Die Partywoche beginnt am Mittwoch und damit startet auch das erste Kapitel. Das letzte landet wieder auf selbigem.
Dazwischen wird über alles geschrieben, was das Berliner Nachtleben ausmacht plus ein bisschen Geschichte und viele lange Ausschweifungen und Philosophie über die Clubmeile zwischen Kreuzberg und Friedrichshain. Angefangen über die Neubebauungspläne wie MediaSpree, den für die Clubs lebenswichtigen Tourismus (und den damit verbundenen Easyjetset) und später gezielt die Zwischennutzer herausgepickt: Mit Watergate, Berghain und Bar 25 zwar ausschließlich die Spitze des Clubeisberges, interessant trotzdem, denn bei seinen Gesprächen mit den Machern der Szene erfahrt Rapp so einiges aus dem Nähkästchen selbiger.
Dazu kommen ein paar Portraits über Labelmacher, DJs und Programmierer (Ableton) sowie ein interessantes Interview mit Ravermom und ihrer Tochter. Die Übersicht der zwanzig Platten des Berlin-Sounds der 00er Jahre trifft auch ziemlich ins Schwarze, wennauch nur auf Minimalhouse/-techno beschränkt.
Im Großen und Ganzen eine Pflichtlektüre für jeden, der sich nur im geringsten etwas mit dem Berliner Nachtleben identifizieren kann oder möchte.
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