Archiv Kategorie: Tonträger

Udosson «Kurz unter Land»

Samstag, 15. Mai 2010 00:00 Uhr
Beitrag in Tonträger von Anne 263

Draußen Regengrau, drinnen knistert das Feuer. In der Beilage der Scheibe finde ich ein Windlicht mit liebevoller Aufbau- und Bedienungsanleitung. Im Kerzenschein kuschel ich mich aufs Sofa und gehe mit udosson auf die Reise. Weg vom Regen, in eine sonnige heile Welt, übers Meer, durchs Wasser, unter Land. Unendliche Weite, Freiheit, Vollkommenheit.

Die Gänsehaut wächst mit dem Crescendo, wandert den Rücken hoch und runter. Mein Herz schlägt langsam aber kräftig, pumpt wie der satte warme Bass. Im Hintergrund leise Glöckchen. Der Waldwanderer reißt mich nun zum Ende noch völlig aus den Schuhen, das geht tief rein! Die kraftvolle Musik packt mich und nimmt mich mit, runter, hoch und nochmal! Ich will nicht aufwachen! Das Blut strömt – gleich den warmen Flächen, die sich über die Klanglandschaft legen – durch den entspannten Körper, zu den Lippen. Ein Lächeln formt sich.

Langsam, sanft endet der Traum. Die Stunde ist verflogen und der Regen erscheint plötzlich gar nicht mehr so grau. Meine Sinne sind neu geschärft, der Fokus wieder auf das Wichtige gesetzt, der Geist frei.

Mit ‚kurz unter land‘ löst uns udosson aus unserem Alltag und nimmt uns mit auf eine klangliche Reise in eine märchenhaft heile Welt. Eine Stunde feinster experimenteller Chill trägt uns fort aus dem Hier und Jetzt in eine friedliche Idylle. Sphärische Flächen malen Bilder, Rhythmusspielereien und Synkopen bringen einen Hauch Chaos in die sonst geraden Linien.

Die Musik ist sehr vielschichtig, kurzweilig, verspielt und trotzdem höchst entspannend. Jeder Titel hat etwas Besonderes, steht für sich, ist eine ganz eigene Reise. Perfekter Ambient, der am besten liegend unter Zuhilfenahme einer saftigen Anlage im erhöhten Lautstärkepegelbereich einverleibt werden sollte. Sehr zu empfehlen!

[xrr rating=5/5]

>>> udosson auf dem Label petite:unique


Brandenburg Allstars «Spring EP»

Freitag, 14. Mai 2010 09:37 Uhr
Beitrag in Tonträger von Daniel 167

Nach einigen Compilationen wirft die Brandenburg-Allstars-Crew ihre erste Digital-Veröffentlichung auf den Markt. Die «Spring EP» trägt sechs Tracks im Gepäck, jeder für sich in einem anderen Subgenre wildernd, aber allesamt knallig produziert. L60 hat mit «Kerbel» einen deepen Techtrack am Start, der mit einer wobelnden Synthsound ein wahres Bassgewitter veranstaltet. Lass‘ das mal laut laufen…

«Ipanema» von PlayR liegt ein wenig zurück, wirkt altbacken und schnell hingerotzt, Multichannels (Foto) «Sound Of A Trumpet» schachtelt grabend hin und her, baut mit zischenden Sounds sowie einer 60s-Agenten-Serien-Trompete eine tanzkompatible Spannung auf. Letztendlich fehlt dennoch der überspringende Funke.

The Earth drosselt das Tempo noch ein wenig mehr und schiebt mit «Eat My Dish» gehörig vertrackt nach vorn, ebenso wie «Morning Dew». Marc Benroth jagt Funky Retro-Stabs durch Reverb und Filter. Mit «Spring BreakUp» offeriert BSTee dann ein schickes Techno-Tool.

[xrr rating=4/5]


Ellen Allien «Dust»

Dienstag, 11. Mai 2010 18:13 Uhr
Beitrag in Tonträger von Daniel 200

Zum ersten Mal hörte ich 1998 von Ellen Allien. Ein halb verrottetes Gemüseverpackungswerk diente als Schauplatz für ein Etwas, das man damals noch gerade so Rave nennen durfte. Eine hagere Gestalt erklomm das DJ-Pult gegen Mitternacht und blies mit ordentlichem Tempo dicke Technobässe aus den Lautsprecher-Boxen. Die Tanzfläche füllte sich rasch und spätestens ab diesem Zeitpunkt war Ellen Allien ein Begriff. Nicht nur mir.

So um 2001 herum war sie es dann, die den Electropop salonfähig machte. Ein Mix in der 2STEP-Sendung von VIVA-Zwei sorgte für einen wahren Run auf Dorau, Miss Kittin, Decomposed Subsonic und wie sie alle hießen. Klar, dass es davon auch eine CD geben musste. Die erschien damals schon auf ihrem Label BPitch, das Album «Stadtkind» folgte.

Seitdem wurden viele Partys gefeiert, viele Platten veröffentlicht und um BPitch ein wahrer Kult aufgebaut. Mittlerweile folgt das siebente Album-Release der Berlinerin. Zehn Tracks findet man darauf, die allesamt zeitlos songorientiert und vertrickelt herumspulen. Einerseits mit «You» oder «Sun The Rain» sehr nahe am Pop stehend, dann wieder rasselig sirrend. Kein Album, dass man am Stück durchhört, auch kein Album, dass man zur Peaktime raushaut. Es sind eher Afterhour- und Lounge-Tracks geworden, die durch voluminöse Struktur begeistern, dennoch das Rad nicht neu erfinden und leicht etwas nervend wirken können.

[xrr rating=4/5]


Quantum Leap – The Lost Tracks

Dienstag, 11. Mai 2010 12:49 Uhr
Beitrag in Tonträger von Daniel 198

Für ganze fünf Jahre verschwand Quantum-Leap-Produzent Martin Oude Kempers von der Bildfläche und widmete sich in dieser Zeit einer intensiven Klangforschung im holländischen Untergrund. Als Ergebnis präsentierte er sein neues House- und Dub-Tech-Projekt Quantum StarDub.

Erste Klänge konnte man bereits auf dem Subsonic Park Album «Echoes From Inside» finden. Momentan wartet Kempers‘ neues Album auf seine Veröffentlichung. Unter dem Namen «Indigo» wird es noch in diesem Jahr auf Elux Records erscheinen.

Dieser gesamten Entwicklung nahm sich das Label Mikrolux an und veröffentlicht jetzt zu einem recht moderatem Preis eine Album-Trilogy mit drei bislang unveröffentlichten Quantum-Leap-CDs: «The Future Is Now», «Perfect Pace» und «Possible Flow». Die insgesamt 26 Tracks beeindrucken mit zart ambienten Downbeatklängen und sind wie eigentlich alle Releases auf den „Lux“-Labels einen Blindkauf wert.

[xrr rating=5/5]


Mollono.Bass «Die Liebe»

Samstag, 8. Mai 2010 14:03 Uhr
Beitrag in Tonträger von Daniel 283

Der sonst auf AckerRecords ansässige Mollono.Bass, jetzt mal auf Ostwind mit zwei Remixen von «Die Liebe», deren Inspiration auf der vor einiger Zeit erschienene EP „Der Vagabund und Die Liebe“ basiert. Der Remix von Mollono.Bass selbst ist smarte gleitender Techhouse mit viel Melodie, hat aber zu wenig Kontur um im Gehör haften zu bleiben.

Kombinat 100 dagegen haben den Bogen raus. Hier wird mit jamsessionartigen Endlosmelodien um sich geworfen, als wenn es kein Morgen gäbe. Dazu augenscheinlich minütlich wechselnde Instrumente – Violine, Hammond-Orgel, Marimba… ein wahrlicher Träumetrack und Frühsommer-MustPlay zu Afterhours.

[xrr rating=5/5]


Alex Bau «Beeing Wayne Sidorsky»

Mittwoch, 5. Mai 2010 17:39 Uhr
Beitrag in Tonträger von Daniel 184

Auf Credo nun schon eine gewisse Instanz, hat Alex Bau sein neues Album draußen; und wer den Herrn eher in die funktionale Ecke einordnet, muss bei «Beeing Wayne Sidorsky» ein wenig umdenken. Denn neben den selbstverständlich enthaltenen Peaktime-Tracks, haben sich auch einige Downbeat-Perlen auf den Dreizehn-Tracker verirrt.

«Drowning in a sea of bass» ist selbst für Ambient sehr minimalistisch und kommt fast ohne Sounds aus, das gluckende «Elements Of Bass» hat dagegen etwas Greifbares und bleibt im Kopf hängen. Der Großteil des Album spielt dann aber doch in der Tanzliga und ist dort ganz oben dabei, was «68 Nerds And A Pony» kräftig unterstreicht: Erinnert irgendwie an die Mellow-Techno-Sachen der Neunziger und übt eine ganz eigene Wirkung auf das tanzende Publikum aus. Die hat auch «Bass Is A Fulltime Occupation». An sich jetzt kein Track, bei dem einem der Mund offen stehen bleibt, aber mit seiner Geradlinigkeit, zupfenden Bleepsound und den quirligen Break ein schickes Techtool.

Der Rest überzeugt gleichwohl und letztlich bleibt kein wegzuwischender Krümel.
Alles 100% nützlich.

[xrr rating=5/5]


DJ Kiss «From A Distance»

Dienstag, 4. Mai 2010 09:40 Uhr
Beitrag in Tonträger von Daniel 246

Einer der Stamm-DJs des Leipziger Nachtcafés ist DJ Kiss. Seine Sets waren immer etwas anders. Mit schlafwandlerischer Sicherheit balanciert er gekonnt auf dem schmalen Seil zwischen Kunst und Kommerz und verliert nie das Publikum aus den Augen. Nach gut 20 Jahren tauschte er nun den Platz hinter den Plattenspielern mit dem des Produzentenstuhls und veröffentlicht ein gar sonderbar anderes Afterhour-Album, das man so von ihm nicht erwartet hat.

Die Tracks wurden mit einem simplen und gerade deswegen so effizientem Rezept gebraut, wie man es eigentlich nur Kiss zutrauen kann. Kein ElectroHouse, kein Minimalhouse, kein Trance, kein Techhouse, kein Disco, sondern alles gemeinsam so perfekt miteinander verknetet, dass man glaubt, sich verhört zu haben. Zweiter Bonuspunkt ist die Geschwindigkeit der zwölf Stücke desAlbums, denn trotz ihres electroiden Charakters dreschen sie nicht Rekordebrechend auf den Hörer hinab, sondern bleiben eher gediegen.

Auf diesen Grundrhythmus schrauben sich gehallte Melodien, sanfte Strings und discoähnliche Chords. Auch alles wieder sehr dezen. Und ehe man auf den abwegigen Gedanken kommen kann, hier eine lahme Tranceproduktion vor Ohren zu haben, setzt eine Art Indianergesang ein, der ebenso aus Michael Cretus späteren Veröffentlichungen entsprungen sein könnte.

An der Art und Weise, wie das Album produziert wurde und wie es sich zusammensetzt, krankt es gleichermaßen auch. So gut, wie diese Mischung sich beim ersten Hören auch anfühlt, so matt wird sie mit der Zeit des Anhörens. Die Tracks klingen ähnlich, beginnen teilweise mit identischen Sounds und nutzen immer wieder diese Gesänge. Das mag Kiss‘ Spirit sein, für den Hörer wirkt es mit eher banal. Eine EP hätte gereicht. Das funktionale «The Prayer» und der ruhige Poptrack «From A Distance» wuchten das Album aber noch auf vier Sterne.

[xrr rating=4/5]


i-Fire «Bigger Better Hotter»

Freitag, 23. April 2010 14:18 Uhr
Beitrag in Tonträger von Daniel 170

Pumpender Dancehall und Reggae aus Deutschland? Nunja, das Gebiet ist schnell abgegrast; noch schneller, wenn das Ganze deutschsprachig werden soll. Seeed, Ableger Peter Fox, Culcha Candela und … iFire, die mittlerweile eine ernstzunehmende Konkurrenz darstellen, aber dennoch nur ein Phänomen sind, was eher Fasns vorbehalten war. Mit dem Erscheinen des frischen Longplayers «Bigger Better Hotter» dürfte sich das schnell ändern.

Selten sind deutsprachige Rhymes so passend, so melodiös, so rhythmisch und mit ihrem neuen Album legen iFire noch eins drauf. Dancehall, Reggae, HipHop verquirlen sich zu einem lockeren Teig, der ins Ohr geht. Gut manchmal sind die Lyrics etwas zu derbe nervig. Kommt zu Glück eher selten vor und so kann man den 17-Songs-schweren Longplayer durchaus in einem Rutsch durchhören ohne müde zu werden.

[xrr rating=4/5]


Africa Hitech «Blen»

Donnerstag, 15. April 2010 08:41 Uhr
Beitrag in Tonträger von Daniel 183

Mark Pritchard und Steve Spacek waren ja schon auf dem Harmonic 313 Album dicke. Bei ihrem neuen Warp-Release arbeiten die beiden wieder zusammen und haben sich mit Afric Hitech gleich ein schickes Pseudonym zugelegt. Das lässt auf weitere Veröffentlichungen des Duos hoffen. Doch jetzt zum aktuellen «Blen».

Das Original ist ein mit Dubstep, Grime und UK-Bass  gefülltes Kaleidoskop und klingt genauso, wie man sich als kleiner Junge die Musik der Zukunft vorgestellt hat: Dreckig wummernder Bass plus surrend zischender und spirrelig pfeifender Synthsounds. Passend ankoppelnd die rezitativen Wortschwälle von Spacek. Trotzdem behält der Sound eine eher minimalistische Aura.

Der Remix schwingt tanzflächenorientierter, hat mehr Hats, mehr Subbass, mehr Wums und spielt mit melodiösen Synthsounds. Dritter im Bunde ist «The Sound Of Tomorrow», der sich in der komplett entgegengesetzten Richtung aufhält. Sanft gleitende Chords verschmelzen unter rhythmusgebender Snare und Hat, dazu eher souliger Gesang von Spacek.

[xrr rating=5/5]


Broombeck «Deliverance EP»

Samstag, 10. April 2010 07:44 Uhr
Beitrag in Tonträger von Daniel 164

Broombeck aka Marcus Schmahl mit einem Viertracker auf Terminal M. «Theatre» ist anständiger Minimaltechno mit dezent gehallten fast schon glockenartigen Toms, dazu ein schicker Shaker und ein paar Störgeräusche zur Abwechslung. Nur die sirreligen HiHats nehmen dem Track etwas an Dynamik. «Delivery» (ebenso die Deep Version) ist sehr oldschool 90s klingt aber trotz vieler Sounds irgendwie zu glatt. «Q and A» besitzt da schon eine Ecke mehr an Funkyness, beinahe technoid locker nach vorn gehend und hätte ein Spielmuss werden können, wenn nicht das Electrohouse-ähnliche Gesurre wäre.

[xrr rating=3/5]