Sonntag, 9. Mai 2010 20:15 Uhr
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Partyreview von
Daniel 135
Ein Typ sitzt auf der Bühne. Wildwuchernde Barthaare verdecken sein Gesicht. Er wirkt unscheinbar, greift nach der Akustikgitarre, die neben ihm lehnt. Plötzlich spürt man die faszinierende Aura des Engländers, starrt mit offenem Mund und von mindestens einer Schicht Gänsehaut überzogen in Richtung Bühne, als er zu singen beginnt. Die herrliche Stimme erhellt den Raum und diesen Überraschungsmoment nutzt Denis Jones: Er aktiviert seine Technik.
Aus eigenen Stimmfetzen und Beatbox-Sounds bastelt er on-the-fly Klangschleifen. Er loopt und hallt Sounds, verzerrt sein Instrument und macht auch vor seiner eigenen Stimme nicht Halt. Der Bärtige wird zum Orchester und zieht mit seiner Show die zum Bersten mit Menschen gefüllte Halle D in seinen Bann. Sein von einer am Mikrofon angebrachten Mini-Kamera übertragendes Konterfei schmückt eine Leinwand direkt hinter ihm. Die anamorph wabernden Videoschnipsel harmonieren mit der Musik.
Ein ständiges Hin und Her zwischen reinen Gesangspassagen und bewegungsreichen Soundmanipulationen, die Jones‘ gut halbstündigen Auftritt rasend vorbeiziehen lassen. Ohne Zugabe verschwindet er mit seinem Stuhl hinter die Bühne, Technik und Leinwand sind rasch abgebaut und zurück bleibt ein verzücktes Publikum, dass immer noch nicht richtig begreifen will, wie ihm geschehen ist.
>>> myspace.com/denisjones
Sonntag, 9. Mai 2010 20:14 Uhr
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Partyreview von
Daniel 29
Zur PopUp tummeln sich eine Vielzahl von Bands auf den Bühnen. Die typische Kombination aus Schlagzeug, Bass, Keyboard und Lead wird damit schnell monoton. Da erfüllt es einem das Herz doch mit warmer Freude, wenn abseits der musizierenden Combos ein paar Solokünstler ihren Platz finden.
Max Tundra gehört dazu und zeigte schon zum Start seiner Performance im Werk II das Wunder der modernen One-Man-Band. Kein fahl schimmerndes Gesicht hinter aufgeklappten Laptopdeckel. Nein. Ein agiler Brite mit kurz geschorenem schütterem Haar tobt inmitten eines antik wirkenden Technikparks. Er beherrscht dank des Pianos in seinem Elternhaus erfreulicherweise mehr als drei Akkorde und mit der Klampfe kann Ben Jacobs (so sein richtiger Name) auch umgehen.
Einer dicken Mischung steht da nichts mehr im Wege. Wuchtige Bässe, pfeifende Melodien und in eiliger Betriebsamkeit eingespielte Soundschnipsel. Eine altertümliche Melodica kommt zum Einsatz, gleich danach ein aus der Kinderzeit nur allzu bekanntes Mini-Xylophon. Verrückt, aber energiereich. Der spärlich gefüllte Saal hüpft und johlt. Fantastisch.
>>> myspace.com/maxtundra
Samstag, 8. Mai 2010 14:03 Uhr
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Daniel 283
Der sonst auf AckerRecords ansässige Mollono.Bass, jetzt mal auf Ostwind mit zwei Remixen von «Die Liebe», deren Inspiration auf der vor einiger Zeit erschienene EP „Der Vagabund und Die Liebe“ basiert. Der Remix von Mollono.Bass selbst ist smarte gleitender Techhouse mit viel Melodie, hat aber zu wenig Kontur um im Gehör haften zu bleiben.
Kombinat 100 dagegen haben den Bogen raus. Hier wird mit jamsessionartigen Endlosmelodien um sich geworfen, als wenn es kein Morgen gäbe. Dazu augenscheinlich minütlich wechselnde Instrumente – Violine, Hammond-Orgel, Marimba… ein wahrlicher Träumetrack und Frühsommer-MustPlay zu Afterhours.
[xrr rating=5/5]
Mittwoch, 5. Mai 2010 17:39 Uhr
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Daniel 184
Auf Credo nun schon eine gewisse Instanz, hat Alex Bau sein neues Album draußen; und wer den Herrn eher in die funktionale Ecke einordnet, muss bei «Beeing Wayne Sidorsky» ein wenig umdenken. Denn neben den selbstverständlich enthaltenen Peaktime-Tracks, haben sich auch einige Downbeat-Perlen auf den Dreizehn-Tracker verirrt.
«Drowning in a sea of bass» ist selbst für Ambient sehr minimalistisch und kommt fast ohne Sounds aus, das gluckende «Elements Of Bass» hat dagegen etwas Greifbares und bleibt im Kopf hängen. Der Großteil des Album spielt dann aber doch in der Tanzliga und ist dort ganz oben dabei, was «68 Nerds And A Pony» kräftig unterstreicht: Erinnert irgendwie an die Mellow-Techno-Sachen der Neunziger und übt eine ganz eigene Wirkung auf das tanzende Publikum aus. Die hat auch «Bass Is A Fulltime Occupation». An sich jetzt kein Track, bei dem einem der Mund offen stehen bleibt, aber mit seiner Geradlinigkeit, zupfenden Bleepsound und den quirligen Break ein schickes Techtool.
Der Rest überzeugt gleichwohl und letztlich bleibt kein wegzuwischender Krümel.
Alles 100% nützlich.
[xrr rating=5/5]
Dienstag, 4. Mai 2010 11:57 Uhr
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Partynews von
Daniel 31
Es ist Mai und die süße kleine Messe in Leipzig nicht weit. Nach dem etwas missglückten Ausflug auf das Messegelände, nun wieder back to the roots in die Südvorstadt und damit alles zentral bleibt, auch deutlich kleiner, als in den Vorjahren. Musikalisch bleibt dennoch genügend Material, was verstärkt im neumodellierten Werk II geschichtet wird. Neugierig sind wir auf John Roberts, Krahnstøver, selbstverständlich auch WARE-Freund Mathias Schaffhäuser. Darüber hinaus DE:BUG-Mensch Bleed und Max Tundra.
>>> popup-leipzig.de
Dienstag, 4. Mai 2010 09:40 Uhr
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Daniel 246
Einer der Stamm-DJs des Leipziger Nachtcafés ist DJ Kiss. Seine Sets waren immer etwas anders. Mit schlafwandlerischer Sicherheit balanciert er gekonnt auf dem schmalen Seil zwischen Kunst und Kommerz und verliert nie das Publikum aus den Augen. Nach gut 20 Jahren tauschte er nun den Platz hinter den Plattenspielern mit dem des Produzentenstuhls und veröffentlicht ein gar sonderbar anderes Afterhour-Album, das man so von ihm nicht erwartet hat.
Die Tracks wurden mit einem simplen und gerade deswegen so effizientem Rezept gebraut, wie man es eigentlich nur Kiss zutrauen kann. Kein ElectroHouse, kein Minimalhouse, kein Trance, kein Techhouse, kein Disco, sondern alles gemeinsam so perfekt miteinander verknetet, dass man glaubt, sich verhört zu haben. Zweiter Bonuspunkt ist die Geschwindigkeit der zwölf Stücke desAlbums, denn trotz ihres electroiden Charakters dreschen sie nicht Rekordebrechend auf den Hörer hinab, sondern bleiben eher gediegen.
Auf diesen Grundrhythmus schrauben sich gehallte Melodien, sanfte Strings und discoähnliche Chords. Auch alles wieder sehr dezen. Und ehe man auf den abwegigen Gedanken kommen kann, hier eine lahme Tranceproduktion vor Ohren zu haben, setzt eine Art Indianergesang ein, der ebenso aus Michael Cretus späteren Veröffentlichungen entsprungen sein könnte.
An der Art und Weise, wie das Album produziert wurde und wie es sich zusammensetzt, krankt es gleichermaßen auch. So gut, wie diese Mischung sich beim ersten Hören auch anfühlt, so matt wird sie mit der Zeit des Anhörens. Die Tracks klingen ähnlich, beginnen teilweise mit identischen Sounds und nutzen immer wieder diese Gesänge. Das mag Kiss‘ Spirit sein, für den Hörer wirkt es mit eher banal. Eine EP hätte gereicht. Das funktionale «The Prayer» und der ruhige Poptrack «From A Distance» wuchten das Album aber noch auf vier Sterne.
[xrr rating=4/5]
Freitag, 23. April 2010 14:18 Uhr
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Daniel 170
Pumpender Dancehall und Reggae aus Deutschland? Nunja, das Gebiet ist schnell abgegrast; noch schneller, wenn das Ganze deutschsprachig werden soll. Seeed, Ableger Peter Fox, Culcha Candela und … iFire, die mittlerweile eine ernstzunehmende Konkurrenz darstellen, aber dennoch nur ein Phänomen sind, was eher Fasns vorbehalten war. Mit dem Erscheinen des frischen Longplayers «Bigger Better Hotter» dürfte sich das schnell ändern.
Selten sind deutsprachige Rhymes so passend, so melodiös, so rhythmisch und mit ihrem neuen Album legen iFire noch eins drauf. Dancehall, Reggae, HipHop verquirlen sich zu einem lockeren Teig, der ins Ohr geht. Gut manchmal sind die Lyrics etwas zu derbe nervig. Kommt zu Glück eher selten vor und so kann man den 17-Songs-schweren Longplayer durchaus in einem Rutsch durchhören ohne müde zu werden.
[xrr rating=4/5]
Donnerstag, 15. April 2010 08:41 Uhr
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Daniel 183
Mark Pritchard und Steve Spacek waren ja schon auf dem Harmonic 313 Album dicke. Bei ihrem neuen Warp-Release arbeiten die beiden wieder zusammen und haben sich mit Afric Hitech gleich ein schickes Pseudonym zugelegt. Das lässt auf weitere Veröffentlichungen des Duos hoffen. Doch jetzt zum aktuellen «Blen».
Das Original ist ein mit Dubstep, Grime und UK-Bass gefülltes Kaleidoskop und klingt genauso, wie man sich als kleiner Junge die Musik der Zukunft vorgestellt hat: Dreckig wummernder Bass plus surrend zischender und spirrelig pfeifender Synthsounds. Passend ankoppelnd die rezitativen Wortschwälle von Spacek. Trotzdem behält der Sound eine eher minimalistische Aura.
Der Remix schwingt tanzflächenorientierter, hat mehr Hats, mehr Subbass, mehr Wums und spielt mit melodiösen Synthsounds. Dritter im Bunde ist «The Sound Of Tomorrow», der sich in der komplett entgegengesetzten Richtung aufhält. Sanft gleitende Chords verschmelzen unter rhythmusgebender Snare und Hat, dazu eher souliger Gesang von Spacek.
[xrr rating=5/5]
Mittwoch, 14. April 2010 08:50 Uhr
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News von
Daniel 70
Barcelona ist Kunststadt. Weiß man. Ebenso wird dort die elektronische Musik mehr als anderswo zelebriert. Zum Sonar wandert fast die ganze Berliner Posse in die spanische Hafenstadt aus. Aber auch zu anderen Terminen ist für elektronische Musikfreunde und Visualkenner in Barcelona einiges am Start.
Zum Beispiel das Störung Festival vom 21. bis 24. April 2010. Internationale Acts, die ausschließlich LIVE performen wie Frank Bretschneider, Tomoko Sauvage (Japan), Dario Bernal-Villegas (Mexiko), Juan Matos Capote (Spanien / Foto) oder Wade Matthes (UK) in schicker Symbiose mit den Videokünstlern John Cage (USA), Onionlab (Spanien), Nam June Paik (Korea) oder Zimoun (Schweiz).
>>> storung.com
Samstag, 10. April 2010 07:44 Uhr
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Daniel 164
Broombeck aka Marcus Schmahl mit einem Viertracker auf Terminal M. «Theatre» ist anständiger Minimaltechno mit dezent gehallten fast schon glockenartigen Toms, dazu ein schicker Shaker und ein paar Störgeräusche zur Abwechslung. Nur die sirreligen HiHats nehmen dem Track etwas an Dynamik. «Delivery» (ebenso die Deep Version) ist sehr oldschool 90s klingt aber trotz vieler Sounds irgendwie zu glatt. «Q and A» besitzt da schon eine Ecke mehr an Funkyness, beinahe technoid locker nach vorn gehend und hätte ein Spielmuss werden können, wenn nicht das Electrohouse-ähnliche Gesurre wäre.
[xrr rating=3/5]