Pleasure Unit
im Singwitzer Kesselhaus. Mitternacht. Er stand in der Ecke.
Direkt neben der kleinen Rothaarigen. Tom war sich nicht sicher,
bei dem Licht war es auch schwer, jemanden zu erkennen. Er durfte
ihn nicht aus den Augen verlieren, suchte er doch schon seit
knapp einer halben Stunde nach ihm.
Widerwillig bahnt
sich Tom einen Weg durch die wachsende Zahl der Gäste. Nicht
das erste mal heute. Gerade jetzt müssen natürlich
wieder besonders viele durch die Tür gehen. Jetzt hatte
er ihn... "Mist, verfluchter"..., Paul war weg! "Er
stand doch gerade noch hier." murmelte Tom. Weit konnte
er ja nicht sein.
Der Chill-Out
Room ist zwar groß aber übersichtlich, da müsste
man doch seine Leute finden. Die von vier chromglänzenden
Stahlketten gehaltene Couch-Schaukel baumelt zwischen den rot
angeleuchteten Wänden hin und her. Fast im Takt der ruhigen
Musik. Fasziniert blickt Tom auf die Leinwand: Ein unscheinbares
Mädchen mit einer blauen Mütze und schon fast kitschig
wirkenden Zöpfen zielt mit einer Waffe auf einen üblen
Kerl. Manga-Filme. Versprach der Flyer doch nicht zuviel.
Plötzlich
ist wieder Gedränge. Tom sieht nichts mehr und versucht
verzweifelt einen ruhigen Platz zu ergattern. Auf einer blauen
schon sehr mitgenommen aussehenden Matratze lässt er sich
nieder und wer sitzt da neben ihm? Paul.
"Na, sieht man Dich auch mal? Haben wir uns nicht ausgemacht
23.30 Uhr im Chill?" - "War ich doch." Nach 2minütigen
Plänkeleien über Unzuverlässigkeit und -pünktlichkeit
kommt man endlich zum Thema.
"Wie lange hast Du denn angestanden?" fragt Tom. "Fast
20 Minuten. Aber da habe ich noch Glück gehabt, denn kurz
nachdem ich mich angestellt hatte, kam der Shuttlebus und die
Schlange ging bis hinter zum kleinen Parkplatz vorm Kesselhaus.
Das sind fast 100 Meter, Mann."
Da haben die
beiden recht. Bis früh 4 Uhr riss die Schlange nicht ab
und das Kesselhaus wurde voller und voller. Auch der fallende
Schnee konnte die vor Vorfreude erhitzten Gemüter nicht
abschrecken. Und eisig harrten viele in der Kälte aus, bis
sie endlich am Einlass standen.
Das Warten lohnte sich aber für jeden. Wurde doch für
Auge und Ohr Immenses geboten.
Trashige und überall andere Deko versüßten einem
den Abend und während im Chill die Mangas tobten ging es
auf dem House-Floor geradezu granatenartig zu.
Endlich mal wieder ein House-Floor, der den Namen auch verdiente.
Die Crowd dankte es und die Tanzfläche füllte sich
merklich und blieb es auch bis zum Ende. Selten ist so etwas
geworden. Setzen doch viele Veranstalter meistens nur auf Techno.
Der wurde auch geboten, aber in einer Performance die ich bisher
noch nicht kannte. Der gesamte (!) Keller des Kesselhauses wurde
zur Tanzfläche umfunktioniert und treibende nie zu harte
Beats und Hats brachten die kalten Steinwände zum Schwitzen.
Auch das Light-Arrangement ließ keine Wünsche offen:
Versteckte Strobes, die einen zwar um den Verstand brachten aber
nie direkt ins Auge blitzten, mehrere Laser die durch die Massen
zuckten, endlich mal wieder ein farbiger Moonflower und eine
satte Anlage.
Eine Party von Partypeople für Partypeople, die sich für
alle Beteiligten gelohnt hatte und das Eintrittsgeld mehr als
doppelt wert war.
...und das nächste Event ist auch nicht mehr weit...
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