Bautzen. Sonntag,
0.30 Uhr - frierend stehen wir auf dem Parkplatz des Schlachthofgeländes.
Wir, daß sind Andy und Daniel, zwei unermüdliche Musikfetischisten,
denen kein Weg zu weit und keine Nacht zu lang ist.
Unsere Blicke schweifen über die Nummernschilder: BZ, KM,
DD, HY, L, C, GÖ, MEI... Die Party verspricht wieder mal
geil zu werden. Klappernd wie Espenlaub steigen wir die schmale
Treppe zum Einlaß hinab. Dröhnende Bässe und
schmetternde Hat's empfangen uns beim Öffnen der stahlbeschlagenen
Tür.
Statt der üblichen
15 werden heute mal 18 Mark verlangt; kein Wunder bei der DJ-Masse.
Doch der Preis ist in den gut geheizten Räumen schnell vergessen.
Die sechs Kilowatt Musikanlage auf dem Main-Floor gibt ihr Bestes:
An den Trommelfell
zerrende Hat's und Bässe, so hart wie Omas Kuchen nach drei
Wochen, hüllen uns ein, wie ein warmes Bett in kalten Winternächten.
Schnell mal an der Bar 'nen Drink geholt und weiter zu den anderen
Floors. Geht es im "Electric-Room" noch etwas gemächlich
zur Sache, ist der House-Floor schon wieder zum Brechen voll.
Mit Müh' und Not kämpfen wir uns durch den blitzenden
Nebel, ergattern zwei Plätze auf der Couch und lassen uns
von der Musik berieseln.
Einmal sitzen immer sitzen: Um nicht auf der Couch einzuschlafen,
stehen wir auf und beginnen, uns einen Weg durch die Menge freudiger
Partypeople zu bahnen.
Es ist kurz nach
eins und die nette Barbedienung hat alle Hände voll zu tun.
Nach unserem zweiten Drink geht's endlich auf die Tanzfläche.
Hüfteschwingend erleben wir den DJ-Wechsel. Die großen
Wärmeregulatoren wurden mittlerweile von Heizen auf Lüften
gestellt. Trotzdem kocht der Raum und die Wände schwitzen
im wahrsten Sinne des Wortes. Schweißüberströmt
beginnen wir wieder einmal den abenteuerlichen Weg über
die Bar zum House-Floor. Dort angekommen streikt mein Mitstreiter
und ich bewege mich tanzwütig zum Rhythmus der exzellenten
House-Musik. Irgendwann trolle ich in den nun gut funktionierenden
Electric-Room. Dort erwartet mich eine gute Mischung aus Techno,
Elektro und Freestyle, die einen nicht mehr still auf der Stelle
stehen läßt.
Es ist jetzt
halb fünf. Als wir es vor Wärme nicht mehr aushalten,
verdrücken wir uns nach draußen. Nach der erfolgreichen
Aklimatisierung kehren wir zum Eingang zurück. Doch dort
werden wir freundlich aber bestimmt zurückgewiesen: Sperrstunde!!
Eine halbe Stunde später ist es endlich sechs Uhr. Wie die
Ameisen wuseln die wartenden Gäste wieder in den Club. Sofort
nehmen wir wieder die Tanzfläche in Beschlag. Irgendwann
fährt unser Zug, fällt mir ein. Aber Andy ist nirgendwo
zu sichten. Naja, egal in zwei Stunden fährt wieder ein
Zug...
Die erste Party
im "Octan" am 26. Dezember 1997 lief prima und es wurde
angefangen, große Pläne zu schmieden: Jugendtreffs,
Filmvorführungen, ein Café im oberen Stockwerk, eine
Skaterbahn... Aber der Club geriet ins Kreuzfeuer der Ordnungshüter.
Im Februar vorigen Jahres filzte eine Polizeimannschaft samt
Hund den Laden nach Drogen und anderen illegalen Dingen.
Auch internationaler
Besuch, DJ's aus Amerika und Großbritannien, nationale
Musikgrößen im Technobereich, wie Clemens Neufeld,
Ellen Alien, Monika Kruse, Hardy Hard, Jens Mahlstedt usw. konnten
die sich nähernde Schließung des "Octans"
nicht verhindern. Mit dem 1. Februar wurde nun der Mietvertrag
seitens der Stadt Bautzen bzw. dem Untervermieter Löblein
gekündigt, um den Alten Schlachthof seiner wahren Bestimmung
zu übergeben: dem Abriß!
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